Wege
Für die Erreichung der Ziele sieht die Arbeitsgruppe Erwachsene folgende Akteure als wesentlich an: Politikerinnen und Politiker und Verantwortliche auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene, NGO’s, Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Verlagswesen und Buchhandel, Medienunternehmen, Unternehmen/Firmen, Ausbildungseinrichtungen, Pädagoginnen- und Pädagogenbildung sowie Trainerinnen- und Trainerbildung, Öffentliche und Schulbibliotheken, Einrichtungen des Sozial-, Gesundheits- und Kulturwesens, nicht zuletzt die Öffentlichkeit.Empfehlungen an die Politik
- Die Verfasser/innen halten die Analyse internationaler/europäischer Projekte zur Basisbildung im Erwachsenenbereich und deren Umsetzbarkeit – auch hinsichtlich einer Weiterentwicklung oder Übertragbarkeit für Österreich – für unverzichtbar. Ebenso wird die Analyse von best-practice Beispielen aus Österreich empfohlen.
- Die Arbeit an einem nationalen Bibliotheksentwicklungsplan (umfasst auch Regionalentwicklung/-politik) ist in diesem Kontext förderlich. Die Bibliothek wird verstärkt als Lern-, Bildungs-, Kultur- und Kommunikationszentrum wahrgenommen, aber auch als Möglichkeit für soziale > Inklusion. Die Schaffung entsprechender Förderprogramme zur Verwirklichung sowie gesetzliche Grundlagen für das Bibliothekswesen sollte in den Fokus rücken.
- Wenn es um die Schaffung eines Gesetzes geht, das erwachsenengerecht leicht verständliche Informationen von öffentlichen Stellen für alle Bereiche einfordert und dabei über die > BITV 2.08 Deutschlands hinausreicht, ist der > Plain Language Act9 der USA ein praktikables Beispiel für Österreich.
- Die Finanzierungen im Bibliotheksbereich vor allem der Öffentlichen, nicht-wissenschaftlichen Bibliotheken, aber auch der Erwachsenenbildung sollten sich über mehrere Jahre erstrecken, um Grundangebote flächendeckend auch weiterhin finanziell absichern zu können.
- Prinzipielle Investitionen in „Early literacy“ gelten als erstrebenswert - Siehe Frühe Bildung und > Family Literacy-Programme > Vergleiche die entsprechenden Kapitel
Arbeitswelt/Erwachsenenbildung
- Struktur und Angebote der „Initiative Erwachsenenbildung“ beibehalten und weiterentwickeln (vgl. Initiative Erwachsenenbildung 2015).
- Anreizsysteme für Unternehmen schaffen, sich mit Leseförderung auseinanderzusetzen. Lernen, Lesen und Arbeitswelt miteinander verknüpfen. So könnte lebenslanges Lernen als integraler Teil der Personalentwicklung oder der > Corporate Social Responsibility wirksam sein.
- Userzentrierung: Kontinuierliche Anpassung der Bildungsaktivitäten an die Lebensumstände der Teilnehmenden – inhaltlich und in der Art der Wissensvermittlung (flexible Stundenpläne, > OERs ...). Gerade im Bereich der inklusiven Erwachsenenbildung sind z.B. Online-Wörterbücher oder anonyme Zugänge zu Materialien von zuhause aus wichtig – man muss sich nicht als „leseschwach“ outen).
- Möglichkeiten des multimodalen Lernens umsetzen. Je nach Ziel und Alter der Zielgruppe kann über die vorwiegende Nutzung analoger oder digitaler Medien Leseförderung bzw. Basisbildung eher gelingen. Wesentlicher Bestandteil dieser Strategie sollte die Nutzung mehrerer Sinneskanäle (multimodal) sein, um über deren Verschränkung eine „höhere kognitive, emotionale, internale Anbindung“ bei Erwachsenen zu schaffen.
- Weiterbildung auch in der nachberuflichen Lebensphase forcieren. Gerade für ältere Menschen spielen auch Bibliotheken eine wichtige Rolle in der Bereitstellung von geeigneten Medien und tragen zum Erhalt der Lesekompetenz Älterer bei.
Gemeinwesen
- Es wird vorgeschlagen, Empfehlungen für lokal und regional tätige Einrichtungen des Sozial-, Bildungs- und Kulturbereichs zu lokalen Kooperationsformen (z.B. mit Flüchtlingsheimen oder Eltern-Kind-Gruppen) zu formulieren, etwa im Sinne einer Bildungskooperation zwischen Bibliotheken und der Bildungsberatung und Basisbildung, mit Betrieben oder mit Institutionen der Behindertenhilfe.
- Wünschenswert wären Fact Sheets zur Information über die Vorteile hoher Lese- und Schriftsprachkompetenz (beispielsweise bei Ärztinnen und Ärzten, in Ämtern oder im Einzelhandel aufliegend). Sie dienen als Maßnahme zur Entstigmatisierung, Sensibilisierung und Zielgruppenerreichung.
- Es sollten generationenübergreifende, lesefördernde Maßnahmen forciert werden, bei denen Erwachsene für Erwachsene als Vorbilder und Mentorinnen und Mentoren dienen, z. B. Leseklubs, Erzählcafés, ehrenamtliche Lesepatinnen und -paten, Lesebeauftragte in Betrieben.
- Gemeinden könnten verstärkt Leseförderung für Erwachsene anbieten, ohne dass diese die Aufschrift „Leseförderung“ trägt. Beispiele wären: Publikumsdiskussionen mit Autorinnen und Autoren, Diskussionsrunden zu beliebten oder aktuellen Themen.10
- Es gibt österreichweit Angebote, die anonym und „wearable“ nutzbar sind und die eine Auseinandersetzung mit dem Lesen ermöglichen, beispielsweise Apps oder Medienboxen für leseungeübte Erwachsene, mit denen u.a. Öffentliche Bibliotheken arbeiten können und die auch Materialien und Bücher in Leichter Sprache / Leicht Lesen beinhalten (vgl. IFLA 2010).
Medien/Öffentlichkeitsarbeit/Vernetzung
- Um „literale Welten“ zu schaffen, braucht es u.a. eine groß angelegte Kampagne im Sinne etwa von „Language for Life“ (Niederlande) über mehrere Kanäle wie Fernsehen, Rundfunk, im Print- und digitalen Bereich.
- Learning Ambassadors, also Lesebotschafterinnen und Lesebotschafter, könnten das Thema „Lesen“ in die Öffentlichkeit bringen, zum Beispiel durch eine österreichweit konzertierte „Literacy Week“ rund um den Welt-Alphabetisierungstag am 8. September oder im Rahmen der jährlichen Aktion „Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek“ (www.oesterreichliest.at).
- Personen des öffentlichen Lebens können als Kooperationspartner und Werbeträgerinnen gewonnen werden, aber auch atypische Autorinnen und Autoren oder Personen, die selbst erst als Erwachsene Lesen gelernt haben.
Grundlagenforschung – Weiterentwicklung und Qualitätssicherung
- Vermehrte, über die Ergebnisse von PIAAC hinausgehende Forschung zum Erwerb des Lesens im Erwachsenenalter, zu evidenzbasierten Strategien des Leseerwerbs im Erwachsenenalter oder auch zum Thema soziale Inklusion im Zusammenhang mit Lese- und Schreibkompetenz von Erwachsenen.
- Weiterhin kontinuierliche Evaluation und Professionalisierung der Basisbildungskurse.
- Begleitforschung/Evaluation auch von Projekten in Bibliotheken oder Einzelinitiativen im Bereich der Leseförderung für Erwachsene.
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8 Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz 2011: Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz. In: Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung - BITV 2.0, http://www.gesetze-im-internet.de/bitv_2_0/BJNR184300011.html (Zugriff 08.04.2016).
9 Plain Language Act 2010: http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/PLAW-111publ274/pdf/PLAW-111publ274.pdf (Zugriff 08.04.2016).
10 Vgl. www.wirlesen.org/artikel/wie-f-rdern/erwachsene/lesef-rderung-f-r-erwachsene (Zugriff 30.11.2015).