Fazit
Die Erwachsenenbildung in Österreich profitiert von der 15a-Vereinbarung und der Zusammenarbeit vieler Player, das Angebot ist breit und flächendeckend; Alphabetisierungskurse/Basisbildung und das Nachholen von Bildungsabschlüssen ist dadurch prinzipiell für alle zugänglich. Nach wie vor bleibt aber die Herausforderung der Zielgruppenerreichung und aufgrund des Zuzugs von immer mehr Migrantinnen und Migranten die (finanzielle) Frage nach dem Ausbau des Angebots. Erwachsene sind am leichtesten erreichbar durch das Gemeindeleben, am Arbeitsplatz oder durch das soziale Umfeld – aber hier ist auch das Schamgefühl besonders hoch. Auch die Individualisierung von Lehr- und Lernplänen und die Förderung der Lesemotivation und -freude jener Erwachsenen, die auf höheren Kompetenzstufen lesen können, bleiben ebenfalls als Herausforderung bestehen.Auch ein ausschließliches Festhalten am „Kompetenz“-Begriff bzw. am reinen Kompetenzerwerb und Vergleich von Leistungen mit „Kompetenzstufen“ muss kritisch hinterfragt werden – Literacy und Basisbildung allgemein ist mehr als „kompetent mit Wort und Schrift umzugehen“. Vielmehr steckt dahinter ein Set aus Fähigkeiten, Wissen, Einstellungen, Wertehaltungen und Praktiken, die Menschen stark machen. Dieses Set wird genutzt, um sich (handschriftliche, gedruckte oder digitale) Texte zu erschließen und diese Fähigkeiten für das eigene private und berufliche Leben gewinnbringend einzusetzen.
Es gilt weiterhin, ein bewusstes Design aus top down-Rahmenbedingungen und bottom up-Initiativen und Entwicklungen (etwa auf regionaler/lokaler Ebene) zusammenzuführen. Nachhaltige Entwicklungen und Erfolge sind nur segment-, bereichs-, institutionsübergreifend umzusetzen – damit Lesen wieder einen höheren Stellenwert bekommt, müssen sämtliche gesellschaftliche Bereiche an einer > „literate environment“ arbeiten.
Die dafür notwendigen Ressourcen liegen jedoch nicht ausschließlich in einem finanziellen Mehraufwand seitens der Politik, sondern gleichermaßen auch in den Lebensräumen der Menschen, den Gemeinden, an den Arbeits- und Ausbildungsstellen, in den Medien – digital und gedruckt –, in Kulturzentren, Bibliotheken, Museen etc. Für eine gesamtgesellschaftliche Verbesserung und den Erhalt von Lesekompetenz und Lesefreude gewinnen daher informelle Kontexte zunehmend an Bedeutung.