In Lesewelten begegnen
Lesen sucht das Du, den Austausch und die Begegnung. In der Entwicklung einer lebendigen Lesekultur kommt den unterschiedlichen literalen Begegnungsorten somit zentrale Bedeutung zu. Hier, wo Menschen und Medien einander in öffentlichen Räumen begegnen, entstehen wirksame Umschlagplätze für Impulse und Ideen; Leben und Lesen kommen in Austausch, Wissen und Erfahrung werden in unser soziales Leben eingebracht. Grundlegende Voraussetzung hierfür ist barrierefreie Zugänglichkeit.
Bibliotheken, Literaturhäuser und Buchhandlungen sind wichtige reale Begegnungsorte. Besonders wichtig ist es, verstärkt Anreize für Familien mit kleinen Kindern zu setzen, diese literalen Begegnungsräume in das eigene Familienleben zu integrieren und sie nach Möglichkeit familien- und kinderfreundlich zu gestalten. Zugleich gilt es, literale Kultur und Kompetenzen verstärkt in vorschulische Betreuungseinrichtungen wie Eltern-Kind-Gruppen, Krabbelstuben und Tagesmütter/-väter zu bringen, um hier vermehrt Lesevorbilder und positive Leseumgebungen und -anreize anzubieten.
Neben diesen realen Begegnungsorten ist mittlerweile im Internet eine Vielzahl virtueller Plattformen zum Austausch über literale Themen entstanden (z.B. > Fanfiction, > BookTuber, Krimi-Sites, Rezensionsforen).
Öffentliche Bibliotheken als Knotenpunkte literaler Kultur
Nach wie vor kann man die literale Kultur eines Landes an der Entwicklung, Ausstattung und der Nutzung seiner Öffentlichen Bibliotheken ablesen. Als niederschwellige Einrichtungen setzen sie wichtige Akzente im Bereich der Lese- und Sprachförderung und als regionale Kulturknotenpunkte sind sie Anlaufstellen nicht nur für Einzelpersonen sondern auch für alle schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen.
Als frei nutzbare Einrichtungen mit vielfältigem Medienangebot und vielseitiger Veranstaltungskultur sind gut ausgestattete Bibliotheken ideale Begleiter in der Entwicklung der Persönlichkeit und Medienkompetenz. Österreich gehört zum letzten Drittel der europäischen Länder, das nach wie vor über kein Bibliotheksgesetz verfügt. Die Führung von Bibliotheken liegt hierzulande in den freien Ermessensausgaben der Träger. Damit fehlen verbindliche Standards hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Ausstattung, ihres Medienangebots, ihrer Dienstleistungen, ihrer Öffnungszeiten sowie der Ausbildung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare.
Der hohe Anteil ehrenamtlicher Bibliotheksarbeit sorgt in Österreich in den meisten Regionen für ein erfreulich dichtes Netz an Bibliotheken und hohes Engagement im Bereich von Leseförderung und sozial-integrativer Bibliotheksarbeit, kann aber den wachsenden Anforderungen hinsichtlich längerer Öffnungszeiten und zunehmender Professionalisierung kaum gerecht werden. Gegenwärtig werden ca. 80?% der Öffentlichen Bibliotheken ehrenamtlich geführt. Die Erhöhung des Anteils hauptamtlicher Bibliothekarinnen und Bibliothekare ist dringend erforderlich, eine sich bereits entwickelnde Kultur der Zusammenarbeit von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren ist weiter zu stärken.
In den letzten Jahrzehnten haben Bibliotheken einen starken Wandel von Medien-Entlehnstellen hin zu offenen Begegnungsräumen vollzogen. > Family-Literacy-Programme, Lesungen, Kinderveranstaltungen, Verlagspräsentationen, Vorlese-Aktivitäten, Kulturprogramme, Literaturgesprächskreise und andere Veranstaltungsformate machen Öffentliche Bibliotheken zu pulsierenden Zentren literaler Kultur und zu wichtigen Partnern in der Begleitung schulischer wie beruflicher Aus- und Weiterbildung.
Lese- und Literaturinitiativen und Literaturhäuser
Österreich zeichnet sich durch eine Vielfalt von lese- und literaturfördernden Organisationen im Nonprofit-Bereich aus. Bundesweit betreibt z.B. der Österreichische Buchklub der Jugend ein Lesenetzwerk mit vielfältigen Aktivitäten, das Institut für Jugendliteratur und die STUBE sind in der Literaturvermittlung und -forschung tätig. Auf Länderebene arbeiten z.B. Buch.Zeit in Oberösterreich, Zeit Punkt Lesen in Niederösterreich, das Lesezentrum Steiermark und andere Organisationen. Gemeinsam mit dem Büchereiverband Österreichs und dem Österreichischen Bibliothekswerk gibt es eine lebendige Szene der Leseförderung und Literaturvermittlung, die – gestützt auf Ehrenamtlichkeit – beträchtliche Wertschöpfung im Bildungsbereich leistet, Kindergärten und Schulen unterstützt und im außerschulischen Bereich für alle Altersgruppen wichtige Akzente setzt.
Es gibt in Österreich in allen Bundesländern Literaturhäuser und literarische Begegnungsstätten, zumeist mit Non-Profit-Organisationen als Träger. Diese leisten einen wichtigen Beitrag zur Begegnung von Literaturschaffenden und Lesenden. In vielfältigen Formaten (von der Schreibwerkstatt bis zum Lesetheater) lernen vor allem Kinder und Jugendliche Literaturschaffende und ihre Arbeit persönlich kennen und erfahren durch eigenes kreatives Tun einen unmittelbaren Zugang zu Literatur und Texten aller Art. Diese Einrichtungen bieten Literaturschaffenden auch Plattformen und organisatorische Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit in Lesungen und Workshops zu präsentieren und auch dafür honoriert zu werden. Sie sind also auch ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor zur Unterstützung von Literaturschaffenden.
Strukturelle und valorisierte finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder sichert die Arbeit der genannten Einrichtungen.